Das „Update in Anästhesie und Intensivmedizin“ (ANAICU) ist ein spezielles Service für ÖGARI-Mitglieder im geschützten Bereich der Homepage (www.oegari.at). In der März-Ausgabe (Nr. 108) werden wieder aktuelle Publikationen aus der internationalen Studienlandschaft besprochen – inklusive „Fazit für die Praxis“ von ÖGARI- Expertinnen und -Experten.

Kürzlich ist die 108. Ausgabe des „Update in Anästhesie und Intensivmedizin“ online gegangen. Führende Expertinnen und Experten aus Anästhesie und Intensivmedizin wählen in hochrangigen Journals publizierte Studien aus, fassen die wesentlichen Ergebnisse, Hintergründe und das Design zusammen und kommentieren sie.

Die Mitglieder des Teams: Prim. Univ. Prof. Dr. Walter Hasibeder (St. Vinzenz Krankenhaus Zams), Prim. Univ. Doz. Dr. Lukas Kirchmair (Bezirkskrankenhaus Schwaz in Tirol), Univ. Doz. Dr. Martin Dünser (Abt. für Anästhesiologie und Intensivmedizin Kepler Universitätsklinikum Linz), Prim. Univ. Doz. Dr. Johann Knotzer (Abteilung für Anästhesiologie und Intensivmedizin II Klinikum Wels) sowie  Ass.-Prof. Dr. Judith Martini (Univ. Klinik für Anästhesie und Allgemeine Intensivmedizin Universitätskliniken Innsbruck).

Hier werden auszugsweise einige der besprochenen Studien vorgestellt.

Antiarrhythmika beim schockbaren Herzkreislaufstillstand

Noch immer gibt es keine qualitativ hochwertigen Hinweise, dass Antiarrhythmika im Rahmen eines schockbaren Herzkreislaufstillstandes das Überleben mit guter neurologischer Funktion im Krankenhaus verbessern. Auch in Bezug auf Wiederherstellung eines Spontankreislaufs (ROSC) bei pVT/VF gibt es keine schlüssigen Daten für Verbesserungen der Ergebnisse durch Antiarrhythmika. Dies gilt sowohl für die Erwachsenen- als auch für die Kinderreanimation. Mit dieser Thematik beschäftigt sich ein kürzlich im Journal „Resuscitation“ erschienener systematischer Review von Ali MU et al1. Die untersuchten Studien konzentrierten sich alle auf die CRP-Situation außerhalb des Krankenhauses und leider wird die Qualität des überwiegenden Teils der Studien als gering und der Bias als hoch eingestuft. Im Spitalsumfeld existieren derzeit zu diesem CPR Thema keine Daten aus Studien! Einzig und allein im Vergleich Lidocain versus Amiodaron und Einsetzen des ROSC gibt es einen qualitativ hochwertigen Beweis, dass Lidocain Vorteile gegenüber Amiodaron außerhalb des Krankenhauses bei pVT/VF hat. Insgesamt ist die vorliegende Metaanalyse wieder eine große Enttäuschung, was die medikamentöse Behandlung im Rahmen der CPR betrifft.

Messung von b-Laktam-Antibiotika beim kritisch Kranken

Wong G et al2 widmeten sich in ihrer Arbeit dem therapeutischen Drug-Monitoring von b-Laktam-Antibiotika bei kritisch kranken Patientinnen und Patienten. Sie maßen pharmakodynamische und pharmakokinetische Daten von zehn unterschiedlichen Antibiotika bei erwachsenen Patienten auf der Intensivstation im Serum.

Das Fazit der ANAICU-Experten: Vor allem bei ß-Laktam AB mit niederer Proteinbindung werden häufig die zur sicheren Eradikation erforderlichen freien AB-Konzentrationen nicht erreicht. Aus diesen Gründen wären regelmäßige Messungen freier Konzentrationen wünschenswert, werden allerdings in der klinischen Praxis wahrscheinlich in den meisten Krankenhäusern auch längerfristig nicht zur Verfügung stehen. Daher empfehlen die Experten bei Patienten mit schwerer Sepsis oder septischen Schock die Gabe erhöhter Dosen in den ersten 24 bis 48 Stunden nach Diagnosestellung.

Effekte einer Behandlungsstrategie nach peripheren Perfusionsparametern im Vergleich mit einer Laktatclearance-basierten Therapie septischen Schock – Vergleich der 28-Tage Mortalität

In den letzten Jahren wurde viel über die Bedeutung der peripheren Perfusion als Zielgröße für die Schocktherapie publiziert. Hernández G et al. widmeten sich dieser Thematik in ihrer Arbeit. Der ANDROMEDA SHOCK Trial3 verglich bei Patienten im septischen Schock erstmalig die periphere Perfusion als Therapiezielgröße mit einer Therapie, die auf möglichst rasche Laktat-Clearance ausgerichtet war. Die Autoren folgern aus ihren Ergebnissen, dass die Verwendung der peripheren Perfusion als Zielvariable bei Patienten im septischen Schock verglichen mit der Verwendung der Laktat-Serumkonzentrationen zu keiner signifikanten Mortalitätsreduktion führt.

Das Fazit der Kommentatoren: Trotz negativem primären Studienendpunkt ergab sich durch die Verwendung der Rekapillarisierungszeit als hämodynamischen Endpunkt ein wichtiger Gruppenunterschied: eine Verbesserung der Organdysfunktion während der ersten 72 Stunden verglichen mit der Kontrollgruppe. Dies ist ein wichtiges Signal, kann physiologisch durch die Studienintervention (durch bessere Organperfusion) erklärt werden und passt zum beobachteten Trend einer niedrigeren 28-Tage Sterblichkeit in der Studiengruppe. Negativ zu Bewerten an der Studie ist, nach Meinung der Experten, die vorliegende Fallzahlschätzung, welche auf einen absolut unrealistischen Abfall der 28-Tage Mortalität durch eine acht Stunden Intervention von 45 auf 30 Prozent aufbaute. Was die Studie aber klar zeigt, ist die hohe klinische Wertigkeit der peripheren Perfusion in der Schocktherapie.

Zwischenbeatmung während der “Rapid Sequence Induction (RSI)” bei kritisch kranken Patientinnen und Patienten

Hypoxämie ist die häufigste Komplikation während einer endotrachealen Intubationen bei kritisch kranken Patienten und kann das Risiko von Herzstillstand und Tod erhöhen. Ob eine Zwischenbeatmung mit Maske und Beutel während RSI eine Hypoxämie verhindern kann, ohne das Risiko einer Aspiration zu erhöhen, wird kontroversiell diskutiert.  Dieses Dilemma wurde in einer Studie von Casey JD et al4 untersucht.  Während in der Kontrollgruppe keine Beatmung zwischen der Medikamentenapplikation und der ersten erfolgte, wurde in der Studiengruppe mit Maske und Beutel zwischenbeatmet. Die Autoren folgern aus ihren Ergebnissen, dass eine Zwischenbeatmung zu höheren Sauerstoffsättigungswerten und zu einer niedrigeren Rate an schweren Hypoxämien führt als die klassische RSI ohne Zwischenbeatmung.

Das Fazit der Kommentatoren: „Eine innovative und Praxis-relevante Studie, sauber geplant und durchgeführt, allerdings wahrscheinlich nicht ausreichend gepowert, um mit letzter Sicherheit eine Zunahme der Aspirationshäufigkeit bei Zwischenbeatmung während der RSI ausschließen zu können.“ (Blogredaktion/HN)


  1. Ali MU et al. Effectiveness of antiarrhythmic drugs for shockable cardiac arrest: A systematic review, 2018 Nov;132:63-72. doi: 10.1016/j.resuscitation.2018.08.025. Epub 2018 Sep 1.
  2. Wong G et al. Therapeutic drug monitoring of ?-lactam antibiotics in the critically ill: direct measurement of unbound drug concentrations to achieve appropriate drug exposures. J Antimicrob Chemother. 2018 Nov 1;73(11):3087-3094. doi: 10.1093/jac/dky314
  3. Hernández G et al. Effect of a Resuscitation Strategy Targeting Peripheral Perfusion Status vs Serum Lactate Levels on 28-Day Mortality Among Patients With Septic Shock: The ANDROMEDA-SHOCK Randomized Clinical Trial. 2019 Feb 19;321(7):654-664. doi: 10.1001/jama.2019.0071
  4. Casey JD et al. Bag-Mask Ventilation during Tracheal Intubation of Critically Ill Adults. N Engl J Med. 2019 Feb 18. doi: 10.1056/NEJMoa1812405. [Epub ahead of print]