ÖGARI Weltkrebstag 2023: Krebspatienten müssen mit einem umfangreichen Schmerzkonzept betreut werden

  • Tumorschmerzen stellen einen sehr sensiblen Bereich innerhalb der Schmerztherapie dar!
  • Bereits beim Erstkontakt sollte ein Schmerztherapiekonzept gemeinsam mit den Patienten erstellt werden, das wünscht sich OA. Dr. Andreas Wolf, Mitglied der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesie, Reanimation- und Intensivmedizin, ÖGARI und Leiter der Schmerzambulanz im Krankenhaus Zams.

Zams 27.01.2023, 30 bis 45 Prozent der Tumorpatienten leiden zu Beginn ihrer Erkrankung an Schmerzen. In 20-40% der Fälle ist Tumorschmerz das Erstsymptom einer Krebserkrankung. Im Verlauf einer Krebserkrankung nimmt die Zahl der Schmerzpatienten zu, bis zu 90 Prozent der Menschen mit einer fortgeschritten Krebserkrankungen leiden an starken Schmerzen. Gerade in Hinblick auf nicht therapierbare Tumorerkrankungen steht die medikamentöse Schmerztherapie im Vordergrund. Eine adäquate Schmerztherapie kann die Beschwerden lindern.

Welche Behandlungswege man in der ÖGARI geht und wie künftig Tumorpatienten bereits von Beginn an in den Behandlungsplan integriert werden können, dazu hat OA. Dr. Andreas Wolf, Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin und Spezialist für Schmerztherapie seinen Erfahrungen und Wünsche zusammengefasst.
»Wir wissen, dass 35-40 Prozent der Tumorschmerzpatienten Schmerzen ab Beginn der Erkrankung angeben, 70 Prozent haben Schmerzen im fortgeschrittenen Stadium und 90-100 Prozent klagen über Schmerzen im Terminalstadium. 
Seit über 30 Jahren versorgen wir in unserer Schmerzambulanz Patienten mit Tumorschmerzen. Dabei erstellen wir beim Erstkontakt ein Schmerztherapiekonzept, bei dem wir sowohl die Pathogenese des Schmerzes als auch die Chronologie des Tumorgeschehens berücksichtigen. Der größte Teil eines solchen Konzeptes beruht auf einer medikamentösen Therapie entsprechend dem „mechanismen-orientierten Schmerzmodell“ unter Bezugnahme auf das „WHO- Stufenschema“. Wesentliche Prinzipien des „WHO-Stufenschemas“ sind „to the individual“ und „attention to detail“, d.h. die individuelle Medikamentenauswahl, der passende Applikationsweg, die ideale Einnahmezeit und vorbeugende Behandlung möglicher Nebenwirkungen. So wird nach Eruierung des Schmerzcharakters die zu 90 Prozent orale Therapie eingestellt. 
Es ist zu bedenken, dass 53 Prozent der tumor-bedingten Schmerzen somatische und/oder viscerale Nozizeptor-Schmerzen sind. Eine neuropathische Schmerzkomponente liegt in 25-30 Prozent vor.
Zu ca. 25 Prozent besteht beim Tumorschmerzpatienten zusätzlich ein Nicht-Tumorschmerz. Dieser beinhaltet neben den therapiebedingten Schmerzen – wie aktinische Läsionen, chemotherapie- bedingte Polyneuropathien, postoperative Schmerzen -, den tumor-assoziierten Schmerz, wie z.B die Zosterneuralgie, Lymphödeme. 
Unterstützend muss in unserem Konzept auch die psychische Situation berücksichtigt werden. Vor allem die Ängste vor Schmerz, vor Verlust der Selbstkontrolle, auch vor Entstellungen durch das Tumorwachstum werden angesprochen und gegebenenfalls mit Hilfe der Psychoonkologie ins Therapiekonzept einbezogen.
Neben dem konservativen Therapieangebot stehen für den Patienten auch die invasiven Schmerz-therapiemethoden zur Verfügung, wie die Therapien mit Schmerzpumpen und mit irreversiblen Blockaden (Phenol, Alkohol). 
Die Tumorschmerztherapie ist für mich ein ganz sensibler Bereich in der Schmerztherapie. Nur mit offenen Gesprächen und mit Hilfe aller zur Verfügung stehenden modernen Schmerz-therapiemöglichkeiten kann ein Tumorschmerzpatient bestmöglich durch seine Krankheit geführt werden. Mein Wunsch wäre, dass diese Schmerzpatienten von Beginn ihrer Krankheit an mit einem umfassenden Schmerzkonzept betreut und nicht nur chemotherapeutisch behandelt werden.«
Ein Wunsch den der Vorstand der ÖGARI und die entsprechenden Gremien so natürlich auch die Sektion »Schmerz« der ÖGARI voll und ganz unterstützt.