Die Prämedikation mit dem Benzodiazepin Midazolam senkt nicht die situative Angst unmittelbar vor einer Operation mit Narkose. Das ist das Ergebnis einer am Evangelischen Krankenhaus Wien durchgeführten Studie, die beim AIC 2021 angenommen wurde. Präoperative Angst ist weit verbreitet, sie kann zu einer Reihe von perioperativen Komplikationen führen. Daher wird häufig zur Angstreduktion ein Benzodiazepin gegeben. Sowohl die aktuelle Empfehlung der Europäischen Anästhesie- und Intensivmedizinfachgesellschaft ESAIC als auch andere Veröffentlichungen sprechen sich allerdings klar dagegen aus, standardmäßige ein Benzodiazepin zur Senkung der präoperativen Angst zu verabreichen.

Die aktuelle Arbeit von Isabel Maier, BScMed, und Univ.- Prof. Dr. Sibylle Kietaibl, MBA von der Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin am Evangelischen Krankenhaus in Wien ging der Frage nach, ob eine angstfreie präoperative Phase auch ohne den Einsatz von Benzodiazepinen erzielt werden kann.

„Die Prämedikation mit Midazolam senkt nicht die situative Angst unmittelbar vor einer Operation in Anästhesie in dem untersuchten Kollektiv eines Privatspitals“, so die Schlussfolgerung der Autorinnen. „Die situative Angst war in beiden Auditgruppen mittelgradig.“ Risikofaktoren für eine erhöhte situative Angst waren weibliches Geschlecht und fehlende Vorerfahrung mit Operationen und Narkose. „Durch die gesammelten Daten werden die präoperativen Standardabläufe im auditierten Krankenhaus dahingehend geändert, dass die Verordnung der pharmakologischen Anxiolyse mit einem Benzodiazepin nicht routinemäßig erfolgt, sondern nur bei individueller Indikation. Der Fokus soll weiterhin auf einem ausführlichen Anästhesieaufklärungsgespräch liegen, das an die Bedürfnisse des Patienten angepasst wird“, schreiben die Autorinnen.