Hohe Professionalität der Rettungsorganisationen in der Pandemie – Notfallmedizinische Ressourcen zielgerichtet einsetzen

Am 27. Mai wird europaweit der „Tag der Notfallmedizin“ begangen. anaesthesie.news sprach mit dem Vorsitzenden der Sektion Notfallmedizin in der ÖGARI, Prim. Univ.-Prof. Dr. Helmut Trimmel, über die Leistungen der Rettungsdienste in der Pandemie, die Lehren für die Zukunft und den optimalen Umgang mit den vorhandenen Ressourcen.

Der 27. Mai wird europaweit als Emergency Medicine Day begangen – also als Awareness-Tag für die Notfallmedizin. Diese Initiative der europäischen Gesellschaft für Notfallmedizin EUSEM soll das öffentliche Bewusstsein und Interesse auf die große Bedeutung von „gut entwickelten, gut vorbereiteten und gut organisierten notfallmedizinischen Strukturen“ lenken, wie es auf der Kampagnen-Website heißt – so unterschiedlich die prä- und innerklinischen Versorgungsangebote quer durch Europa auch sein mögen.

Dieser Tag sei ein guter Anlass, die großen Verdienste der österreichischen Rettungsorganisationen rund um die Corona-Krise zu würdigen, sagt der Vorsitzende der Sektion Notfallmedizin in der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI), Prim. Univ.-Prof. Dr. Helmut Trimmel (Wiener Neustadt). „Der bisherige Pandemie-Verlauf hat nicht nur die klinischen, sondern gerade auch die prähospitalen Versorgungsbereiche vor enorme Herausforderungen gestellt. Es ist aber hoch an der Zeit, die hochprofessionellen Leistungen vor den Vorhang zu holen, die von Beginn dieser Krise an durch die Rettungsorganisationen erbracht wurden. Sie waren überall engagiert präsent, von den Teststrukturen und Impfstraßen über die mobile Versorgung von an COVID-19 Erkrankten zu Hause bis hin zu komplexen Intensivtransporten mit Hubschraubern, wenn Verlegungen von schwer kranken Patientinnen und Patienten erforderlich waren.“ Dazu kam die konstante Zusatzbelastung bei „herkömmlichen“ Einsätzen wie etwa Unfällen, weil auch hier stets von potentiell SARS-CoV-2-Infizierten ausgegangen werden musste. Als systemkritischen Diensten sei es den Organisationen hervorragend gelungen, die Versorgung durchgehend aufrecht zu erhalten, ohne dass es zu erheblichen infektionsbedingten Ausfällen beim Personal gekommen wäre. „Für diese Leistungen ist allen Beteiligten – insbesondere auch angesichts des hohen Anteils an ehrenamtlichem Personal – größter Respekt und Dank auszusprechen“, so Prof. Trimmel.

Lehren aus der Pandemie

Aus den Corona-bedingten Spitzenbelastungen – die möglicherweise noch nicht vorbei seien – könne man schon jetzt wichtige Lehren für die österreichische notfallmedizinische Landschaft ableiten, sagt Prof. Trimmel: „Es hat sich auch hier wieder gezeigt, dass der hohe Grad an ehrenamtlichen Akteurinnen und Akteuren ein ganz wichtiger Baustein in der breiten Notfallversorgung ist. Das muss unbedingt erhalten bleiben“, so der Vorsitzende der Sektion Notfallmedizin in der ÖGARI. „Zugleich sollten wir jedoch für alle, die für sehr anspruchsvolle, intensive Versorgung verantwortlich sind, ein höheres Maß an klinischer Ausbildung anstreben, damit noch sicherer geholfen werden kann. Und wir müssen besonders darauf bedacht sein, Notärztinnen und Notärzte optimal und gezielt einzusetzen, also nur dort, wo ärztliches Know-how in Ergänzung zu jenem der Sanitäterinnen und Sanitäter unabdingbar ist.“

Überlastung und Burnout

Auf internationaler Ebene steht die Kampagne zum Emergency Medicine Day unter dem Motto „Burnout vermeiden“ – in Anerkennung der Tatsache, dass die Pandemie Notfall-Kräfte oft an die Grenzen ihrer Belastung gebracht hat. In Österreich seien dazu sehr unterschiedliche Trends im präklinischen – also bei den Rettungsdiensten – und im klinischen Bereich – also in den Notaufnahmen – zu beobachten, sagt Prof. Trimmel. „Natürlich gab und gibt es hohe Belastungen, und im Stress liegen schon einmal auch bei Rettungskräften die Nerven blank. Aber in größerem Maße haben wir, wie auch die Rückmeldungen aus allen Bundesländern zu einer Blitzumfrage der Sektion Notfallmedizin gezeigt haben, im präklinischen Bereich nicht mit Burnout oder dem Ausstieg aus dem Beruf zu kämpfen“, so Prof. Trimmel. „Das hat mit verschiedenen Faktoren zu tun, unter anderem mit dem hohen Maß an Ehrenamt oder mit der Tatsache, dass der Notfall-Einsatz im Vergleich zum Stress der klinischen Versorgung oft geradezu als Resilienz-Faktor gesehen wird.“ Ganz anders sehe es in den Notaufnahmen aus, hier wird häufig von Erschöpfung und ausgelaugten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern berichtet. Eine nicht unerhebliche Zahl an Kündigungen hat die angespannte Situation noch verschärft. „Das Verlassen des Gesundheitssystems wegen starker Belastungen ist generell zunehmend ein Problem, dem wir uns mit durchdachten und mitarbeiterorientierten Konzepten entgegenstellen müssen“, sagt Prof. Trimmel. „Auf die Notaufnahmen muss hier besonderes Augenmerk gelegt und Unterstützung angeboten werden – eine ausreichende Personaldichte ist dabei das oberste Gebot.“ (Red/BKB)