Pressemitteilung der ÖGARI zum Welt-Anästhesie-Tag – Welt-Reanimationstag am 16. Oktober 2019

 Zum Welt-Anästhesie-Tag am 16. Oktober machen Experten auf die Rolle der Anästhesie für die Patientensicherheit aufmerksam und klären über das richtige Verhalten bei lebensbedrohlichen Notfällen auf. Laien-Ersthelfer sollten bei einem Herzstillstand keine Zeit damit verlieren, nach einem Defibrillator zu suchen, sondern sofort mit einer Herzdruckmassage beginnen. „Man kann bei der Reanimation nichts falsch machen, außer man macht nichts“, betont ÖGARI-Präsident Prof. Klaus Markstaller.

Wien, am 15. Oktober 2019„Jeder Mensch kann Leben retten! Alles, was man braucht, sind zwei Hände“: Unter diesem Motto begehen heuer Anästhesiologie- und Rettungs-Organisationen international den Welt-Anästhesie-Tag und Welt-Wiederbelebungs-Tag am 16. Oktober, so auch die Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI). „Bei einem Herzstillstand zählt jede Sekunde. Die Überlebensrate verdreifacht sich, wenn Laien im Notfall sofort die Reanimation bis zum Eintreffen professionelle Hilfe übernehmen können. Daher unser Appell: Lieber anpacken statt zuwarten, man kann bei der Ersten Hilfe nichts falsch machen, außer man macht nichts!“, sagt ÖGARI-Präsident Univ.-Prof. Dr. Klaus Markstaller, Leiter der Universitätsklinik für Anästhesie, Allgemeine Intensivmedizin und Schmerztherapie, Medizinische Universität Wien/AKH Wien.

Nur wenige Minuten ohne Sauerstoff schädigen das Gehirn

Am Welt-Anästhesie-Tag erinnern Anästhesiologinnen und Anästhesiologen in aller Welt an die erste erfolgreiche Äther-Narkose, die am 16. Oktober 1846 von William Thomas Green im Massachusetts General Hospital in Boston durchgeführt wurde. Die Möglichkeit, schmerzlos operieren zu können, hat die gesamte Medizin revolutioniert und erlaubte die Weiterentwicklung der Chirurgie. Aus diesem Anlass wird über die vielfältigen Aktionsfelder der Anästhesie aufgeklärt. „Die Notfallmedizin ist eine sehr wichtige und oft auch als spektakulär wahrgenommene Säule unserer Fachdisziplin. Aber sehr häufig wachen Anästhesistinnen und Anästhesisten völlig unbemerkt im Hintergrund über das Leben der Patientinnen und Patienten. Auch bei Narkosen, in der Intensivstation oder der Schmerz- und Palliativmedizin sind wir die Garanten für eine hohe Patientensicherheit“, so der ÖGARI-Präsident. Seit dem Vorjahr wird der Welt-Anästhesie-Tag zugleich mit dem „World Restart a Heart“-Tag begangen, dem Welttag der Reanimation.

„Wir möchten Bewusstsein dafür schaffen, wie wichtig die Reanimation durch Laien ist“, betont Prof. Markstaller. Schon nach drei bis fünf Minuten ohne funktionierende Sauerstoffversorgung setzen beim Gehirn schwerwiegende Schädigungen ein. Ein frühzeitiger Reanimationsbeginn durch Laien und Ersthelfer ist daher entscheidend. Allein in Europa und den USA sterben jährlich rund 700.000 Menschen, weil sie bei einem akuten Herz-Kreislauf-Stillstand nicht rechtzeitig wiederbelebt werden. Wird eine Laienreanimation rechtzeitig gestartet und die Zeit bis zur professionellen Reanimation überbrückt, kann etwa der Hälfte der von einem Herz-Kreislauf-Stillstand Betroffenen ein gutes Überleben ermöglicht werden. Wird auf das Eintreffen des professionellen Rettungsdienstes ohne eigene Hilfsmaßnahmen gewartet, sinkt dieser Prozentsatz auf unter zehn Prozent.

Herzmassage ist wichtiger als Mund-zu-Mund-Beatmung

„Leider trauen sich viele Menschen aus Unsicherheit und Unwissen keine Wiederbelebung zu. Aber die Empfehlungen für die Reanimation durch Laien haben sich in den vergangenen Jahren verändert – und vereinfacht“, erklärt Prof. Markstaller. So wird weniger Wert auf die Beatmung gelegt als auf die schnelle und richtige Herzmassage, also die Kompression des Brustkorbes (Thoraxkompression). Da bei einem akuten Kreislaufstillstand das Blut zunächst noch eine ausreiche Sauerstoffsättigung aufweist, ist die Wiederherstellung der Zirkulation des Blutes das primäre Ziel. Deshalb muss nicht sofort mit der Mund-zu-Mund-Beatmung begonnen werden, vor der Laien aus hygienischen Gründen oft zurückschrecken. Das einfache und sehr wirksame Mittel für die Reanimation ist die Thoraxkompression im unteren Drittel des Brustbeines mit fünf bis sechs Zentimeter Tiefe und in einer Frequenz von 100/Minute.

Defibrillatoren ersetzen Herzdruckmassage nicht

Als positiv bewertet der ÖGARI-Präsident die breite Verfügbarkeit von Defibrillatoren (Automatische Externe Defibrillatoren, AED) im öffentlichen Raum. In Wien sind sie mittlerweile auf breiter Basis installiert – doch die Schockgeräte können unter Umständen auch falsche Sicherheit vermitteln, wie Prof. Markstaller erklärt: „Die allerorts präsenten Geräte können vielleicht den Eindruck geben, man müsste bei einem Herzstillstand nur auf die Technik vertrauen. Aber gerade bei ungeübten Personen ist es viel besser, bei einem Notfall sofort mit der Herzdruckmassage zu beginnen statt Zeit mit dem Suchen und Starten eines Geräts zu verlieren, denn Zeit ist Hirn.“ Nach dem Motto „Prüfen, rufen, drücken“ sollte erst Hilfe gerufen und dann durch Herzdruckmassage ein Minimalkreislauf in Gang gebracht und aufrechterhalten werden. Erst dann kommt ein Defibrillator in Spiel. „Wenn genügend Helferinnen und Helfer vor Ort sind und jemand Zeit hat, den Defibrillator zu holen und in Gang zu setzen, dann ist das Gerät eine perfekte Ergänzung. Es ersetzt aber die Basismaßnahmen nicht“, erklärt Prof. Markstaller.

Die ÖGARI engagiert sich für Aufklärung darüber, was im Falle eines Herzstillstands zu tun ist und in welcher Reihenfolge die Notfallmaßnahmen zu ergreifen sind. Dabei soll auch auf Kinder und Jugendliche als wichtige Ersthelfer abgezielt werden. In Deutschland führten etwa Kampagnen im Rahmen der „KIDS SAVE LIVES“-Aktion unter Schülern zwischen acht und zwölf Jahren dazu, dass dort der Anteil der Laienreanimation von unter 20 Prozent auf 42 Prozent (2017) gesteigert werden konnte. Prof. Markstaller: „Programme wie diese sollten unbedingt in Schulen angeboten und verstärkt werden.“

Besonders sinnvoll sei es auch, so der ÖGARI-Präsident, gezielt bestimmte Berufsgruppen im Umgang mit Defibrillatoren zu schulen – so geschehen bei der Wiener Polizei, bei der jetzt immer ein Defi mit im Auto ist. „Die Polizei ist im Ernstfall häufig schneller am Ort des Geschehens als der Rettungsdienst, weil sie auf Patrouille ist und viel mehr Einsatzwägen im Dauereinsatz hat“, sagt Prof. Markstaller. „Derzeit wird gerade eine große wissenschaftliche Untersuchung durchgeführt, um die Effekte dieser innovativen Maßnahmen zu bewerten. Es ist jetzt schon ersichtlich, dass dramatisch bessere Ergebnisse bei der Wiederbelebung von Menschen mit akutem Kreislaufstillstand erreicht werden.“

Service:

Jeder Mensch kann Leben retten: Richtig Vorgehen mit dem „P-R-D“-Konzept

  1. PRÜFEN
  • Vergewissern Sie sich, dass Sie sich ohne Gefahren nähern können.
  • Überprüfen Sie, ob die kollabierte Person antwortet.
  • Neigen Sie den Kopf nach hinten, heben Sie das Kinn und kontrollieren Sie die Atmung.
  • Wenn die Person nicht reagiert und nicht, oder nicht normal atmet, ist eine Herzdruckmassage erforderlich.
  1. RUFEN
  • Rufen Sie 144 an und folgen Sie den Anweisungen.
  • Wenn jemand anwesend ist, der helfen kann, bitten Sie ihn 144 anzurufen und wenn möglich einen Defibrillator zu holen.
  • Die Herzdruckmassage ist das Wichtigste für das Überleben. Unterbrechen oder verzögern Sie sie deshalb nicht.
  1. DRÜCKEN
  • Legen Sie beide Hände auf die Mitte des Brustkorbes.
  • Drücken Sie 100-120 Mal/min 5 bis max. 6 cm tief z.B. zum Rhythmus des Liedes “Stayin’ Alive”.
  • Falls Sie geschult sind, geben Sie immer zwei Atemspenden nach 30 Kompressionen, andernfalls drücken Sie kontinuierlich weiter auf die Brust.
  • Drücken Sie fest und schnell. Keine Sorge, Sie können keinen Schaden anrichten.
  • Wenn ein Defibrillator verfügbar ist, schalten Sie diesen sofort ein und folgen Sie den Anweisungen.
  • Wenn die Rettungskräfte eintreffen, drücken Sie solange weiter bis Sie aufgefordert werden aufzuhören.

Medienkontakt:
ÖGARI-Pressestelle
B&K – Bettschart&Kofler Kommunikationsberatung
Dr. Birgit Kofler
kofler@bkkommunikation.com
01-3194378; 0676 6368930