Der nachfolgende Kommentar des ÖGARI-Präsidenten ist soeben in den Anästhesie-Nachrichten 4/2021 als ÖGARI-Update erschienen. Online steht die gesamte Zeitschrift hier zur Verfügung.

Werte Kolleg*innen,

Ein besonderes Highlight dieser Ausgabe ist ein Interview mit Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Otto Mayrhofer-Krammel anlässlich des 70-Jahre-Jubiläums unserer Fachgesellschaft. Am 19. Oktober 1951 gründete Prof. Mayrhofer-Krammel die Österreichische Fachgesellschaft für Anästhesiologie als eine der ersten ihrer Art in Europa und stand ihr auch als Präsident vor. Mit diesem Schritt begründete Prof. Mayrhofer-Krammel die moderne Anästhesie in Österreich. Im Gespräch erzählen Prof. Mayrhofer- Krammel, der vor kurzem seinen 101. Geburtstag feierte, und sein ehemaliger Schüler und späterer ÖGARI-Schriftführer Univ.-Prof. Dr. Franz X. Lackner über die Anfänge der modernen Anästhesie in Österreich, über Selbstexperimente als „reine“ Wissenschaft und über die Rolle der Anästhesist*innen als Beschützer*innen und Anwält*innen der Patient*innen. Am Ende äußert Prof. Mayrhofer- Krammel noch einen Wunsch an „seine“ Fachgesellschaft: die Etablierung einer „Mayrhofer- Gedächtnis-Vorlesung“ im Rahmen unserer Jahrestagung. Ich werde diesen Wunsch mit großem Wohlwollen in den nächsten ÖGARI-Vorstand mitnehmen.

Die Corona-Pandemie wurde von der Europäischen Gesellschaft für Intensivmedizin (ESICM) genutzt, um das Konzept eines eigenen Facharztes/ einer Fachärztin für Intensivmedizin bei den zuständigen EU-Behörden zu positionieren. Das Hauptargument der ESICM dabei war, dass ein neu geschaffenes Fach (europäischer Facharzt/ europäische Fachärztin für Intensivmedizin) die Mobilität europäischer Intensivmediziner*innen erleichtere.

Der Vorstand der ÖGARI hat bereits unter seinem Past Präsidenten Univ.- Prof. Dr. Klaus Markstaller ähnlich den Reaktionen zahlreicher europäischer Fachgesellschaften und der European Union of Medical Specialists (UEMS) dieser Forderung der ESICM eine klare Absage erteilt. Wir haben unsere Argumente gegen diese – aus unserer Sicht falsche – Entwicklung in einem Brief an den Herausgeber des European Journal of Anaesthesiology zusammen gefasst, der demnächst publiziert wird. Die ÖGARI begrüßt grundsätzlich einheitliche europäische Qualitätsstandards in der Intensivmedizin auf der Basis einer gegenseitigen Anerkennung intensivmedizinischer Qualifikationen auf nationaler Ebene. Wir halten aber die Schaffung eines eigenen Spezialfaches für Intensivmedizin ohne primäre, breite medizinische Grundausbildung in Spezialfächern wie der Anästhesie und Intensivmedizin oder der Inneren Medizin für eine riskante Fehlentwicklung. Aus unserer Sicht würde ein solches Konzept die österreichische Intensivmedizin nicht nur wertvoller medizinischer Kompetenzen berauben, sondern die Intensivmedizin für junge Kolleg*innen zunehmend unattraktiv gestalten.

Erlauben Sie mir, noch zwei weitere große Persönlichkeiten unseres Faches zu würdigen: Am 13. September 2021 ist Univ.-Prof. Dr. Hans Gombotz, eine der renommiertesten Stimmen des Patient Blood Management, nach langer, schwerer Krankheit verstorben. Prof. Gombotz war ein langjähriges Mitglied der ÖGARI und hat durch seine aktive Mitarbeit zur positiven Entwicklung unserer Gesellschaft maßgeblich beigetragen. Prof. Gombotz war von 2005 bis 2007 ÖGARI-Präsident. Während seiner Präsidentschaft wurde 2006 erstmals der AIC im Design Center in Linz abgehalten. Seine wissenschaftliche Leidenschaft galt dem Patient Blood Management. In diesem Wissenschaftsbereich hat sich Prof. Gombotz einen internationalen Ruf erarbeitet, der weit über die Grenzen Europas hinausgegangen ist. Er war ein sehr geselliger, lustiger Mensch, der aber auch seine Meinung im Diskurs lautstark vertrat. Mit seinem Tod verliert die ÖGARI einen bedeutenden Vertreter unseres Faches. Lieber Hans – wir werden dich nicht vergessen! Einen Nachruf auf Prof. Gombotz, verfasst von seinem langjährigen Freund und Mentor Univ.-Prof. Dr. Helfried Metzler, finden Sie in dieser Ausgabe.

Univ.-Prof. Dr. Peter Nagele, Leiter der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin der University of Chicago, wurde am 1. Oktober 2021 in Washington mit dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst ausgezeichnet. Dr. Nagele gilt als führender Experte auf dem Gebiet der Pharmakologie der Anästhesiegase und wurde unter anderem für seinen maßgeblichen Beitrag zur Aufklärung des Wirkungsmechanismus der volatilen Anästhetika sowie von Lachgas und Xenon geehrt. Zuletzt gelang ihm die Entdeckung, dass sich schwere Depressionen mit Lachgas behandeln lassen. Im Namen aller ÖGARI-Mitglieder gratuliert der Vorstand Prof. Nagele zu dieser Auszeichnung!

Ich hoffe sehr, dass wir Sie möglichst zahlreich beim AIC in Salzburg wieder „live“ und gesund begrüßen dürfen! Der Vorstand der ÖGARI freut sich auf spannende Vorträge, interessante fachliche Diskussionen, aber auch auf die menschlichen Interaktionen mit Freunden, Freundinnen und Bekannten zwischen dem wissenschaftlichen Programm.

Ihr

Prim. Univ.-Prof. Dr. Walter Hasibeder

Präsident der ÖGARI