Mitte September fand in Dublin der 37. Jahreskongress der European Society of Regional Anaesthesia and Pain Therapy (ESRA) statt. „State of the Art”-Beiträge in Grundlagenforschung, klinischer Forschung und zu therapeutischen Interventionen prägten das Programm. Mit maßgeblicher österreichischer Beteiligung (Universitätsklinik für Anaesthesiologie, perioperative Medizin und allgemeine Intensivmedizin) entstanden zwei dort präsentierte Studien, die wir hier auf anaesthesie.news vorstellen.

Fellowship-Programm liefert wertvolle Unterstützung für junge Wissenschafter

„The Perioperative Research Fellowship in Outcomes Research and Regional Anaesthesia – Five Years of Experience“ stellt ein gutes Beispiel für die begleitende Evaluierung von Förderprogrammen für junge Wissenschafter dar. Evaluiert wurde hier um ein Fellowship-Projekt (Perioperative Research Fellowship), das 2012 auch an der Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg (PMU) etabliert wurde. Das Ziel: Junge Wissenschafter sollten dabei unterstützt werden, fortgeschrittene Forschungsmethoden zu erlernen, dabei durch Mentoren begleitet und ein Jahr lang mit verschiedenen analytisch und klinisch orientierten wissenschaftlichen Projekten zu konfrontiert werden. Ein spezieller Fokus wurde auf Untersuchungen zur perioperativen Outcome-Forschung und zur Big-Data-Analyse mit fortgeschrittenen biostatistischen Methoden gelegt. Die Präsentation beim ESRA-Kongress stellte einen Zwischenbericht dar und sollte einen Überblick über erzielte Erfolge und Effekte des Programms darstellen.

Methodisch wurden Publikations- und Präsentationsaktivitäten der Teilnehmer an dem Fellowship-Programm sowie ihre (Mit-)Autorenschaft von wissenschaftlichen Veröffentlichungen und Abstract-Präsentation sowie erhaltene Auszeichnungen erhoben. Zusätzlich wurden mit einem Fragebogen mit elf Items die Entwicklung der akademischen Karriere und erzielte Erfolge ab gefragt.

Fünf Teilnehmer haben bisher das Programm absolviert, einer wird derzeit gerade aufgenommen. Co-Autorenschaft gab es in 59 wissenschaftlichen Veröffentlichungen (61 Prozent davon als Erst- oder Letztautoren). Die Teilnehmer präsentierten 150 Abstracts. In 13 Fällen wurden diese bestgereiht“, wurde beim ESRA-Kongress berichtet. In ihrer Selbsteinschätzung per Fragebogen gaben die Teilnehmer an dem Programm an, in einem hohen Grad und kontinuierlich mit Publikationsaktivitäten, der Präsentation von Abstracts sowie der Teilnahme an wissenschaftlichen Meetings und Fortbildungsveranstaltungen beschäftigt zu sein. Das gelte auch für das wissenschaftliche Literaturstudium.

Die beteiligten Autoren an der begleitenden Studie stellen als Conclusio fest, dass Mentoring- und eine strukturierte Ausbildung zunehmend entscheidend für Erfolg in der medizinischen Wissenschaft sind. Alle Teilnehmer an dem Programm stellten fest, dass das „Perioperative Research Fellowship“ ihnen unverzichtbare Werkzeuge für eine erfolgreiche akademische Karriere in die Hand gegeben hätte. Die meisten von ihnen sind weiterhin in wissenschaftlichen Projekten ihrer Institution engagiert. Quantitative Analysen deuten darauf hin, dass das Programm hoch effizient in der Förderung erfolgreicher wissenschaftlicher Publikations- und Präsentationstätigkeit ist.

Multimodale Schmerzmanagment-Strategien in der Wirbelsäulenchirurgie

Eine Studie – ebenfalls mit maßgeblicher Beteiligung der Abteilung für Anästhesiologie, Perioperative Medizin und Intensivmedizin der PMU sowie von US-Kliniken – sollte als retrospektiv durchgeführte Kohortenstudie den Stellenwert multimodaler Analgesie im Rahmen der Wirbelsäulenchirurgie analysieren: Untersucht wurden der Verwendungsgrad der verfügbaren therepeutischen Interventionen und der Zusammenhang zwischen der Zahl der verwendeten Analgetika und dem Opioidgebrauchs, von aufgetretenen Komplikationen und der Ressourcennutzung.

Die multimodale Analgesie bestand aus systemischen Opioiden plus Substanzen wie Paracetamol, Corticoide, Gabapentin/Pregabalin, Ketamin, NSAR, Coxiben sowie intrathekaler oder epiduraler Analgesie.

Die retrospektiv durchgeführte Kohortenstudie griff nach entsprechender Genehmigung auf die Daten der Premier National Claims Database in den Vereinigten Staaten der Jahre 2006 bis 2016 zu Eingriffen zur posterioren Fusion von Lendenwirbeln zu. Es handelte sich um 265.538 derartige Operationen. 61,1 Prozent (n=162.156) der Patienten erhielten eine multimodale Analgesie.

In multivariablen Modellrechnungen wurden Zusammenhänge zwischen multimodaler Analgesie, Opioid-Verschreibung (Dosis), Länge und Kosten des Spitalsaufenthaltes, Nebenwirkungen des Opioidgebrauchs (auf Atmung, Gastrointestinal- und Urogenitaltrakt sowie ZNS) analysiert und dargestellt.

Die Autoren über die Ergebnisse: „Multimodale Analgesie war im Vergleich zu einer Verordnung von Opioiden allein nicht mit einer Verringerung der verwendeten Opioid-Dosis verbunden. Es wurde hingegen sogar eine leichte Zunahme registriert. Ein, zwei oder mehr als zwei zusätzliche verwendete Schmerzmittel im Rahmen einer multimodalen Analgesie waren mit einem höheren Opioid-Gebrauch (plus 2,2, plus 5,2 bzw. plus 6,5 Prozent) assoziiert. Es kam auch zu keiner Reduktion bei den Opioid-Nebenwirkungsraten.

Im Gegensatz zu den Ergebnissen bei Gelenkseingriffen bzw. künstlichem Gelenksersatz war die multimodale Schmerztherapie in der Wirbelsäulenchirurgie nicht mit einem theoretisch zu erwartenden besseren Outcome verbunden. Hier gibt es weiteren Forschungsbedarf. Möglicherweise könnten bereits vor den Operationen bestehender häufiger und hoch dosierter Gebrauch von Opioiden oder eine nur eingeschränkte Anwendung nicht-Opioid-hältiger Schmerzmittel zu diesem Ergebnis geführt haben.

Quellen:
Stundner, Hargett et al.  The perioperative research fellowship in outcomes research and regional anaesthesia – five years of experience. ESRA 2018 Abstract
Poeran, Stundner et al. Utilization and effectiveness of multimodal pain management strategies in spine surgery. ESRA 2018 Abstract