W. HASIBEDER

ANTIPSEUDOMONAS CEPHALOSPORINE VERSUS PIPERACILLIN/TACOBACTAM ODER CARBAPENEME FÜR DIE BEHANDLUNG VON PSEUDOMONAS BAKTERIÄMIEN

Pseudomonas Bakteriämien (BSI) auf der Intensivstation sind mit sehr hoher Mortalität assoziiert und Pseudomonas aeruginosa ist in vielen Intensivstationen ein häufiger Verursacher von BSI.  

In einer multizentrischen (14 italienische Zentren), retrospektiven Studie wurden Patient:innen mit Pseudomonas-BSI in den Jahren 2021-2022, die für mindestens 48 Stunden antibiotisch behandelt wurden, ausgewertet.

Insgesamt wurden 170 Patient:innen mit Pseudomonas-BSI ausgewertet. 32% waren im septischen Schock. Die antibiotische Therapie erfolgte bei 22% der Patient:innen mit Piperazillin/Tazobactam (PIP/TAZ), bei 43% mit Carbapenemen, bei 7% mit Colistin, bei 28% mit neuen gegen Pseudomonaden wirksamen Cephalosporinen (Ceftolozan/Tazobactam; Ceftazidime/Avibactam; Cefiderocol).

In 34% der Fälle wurde ein zusätzliches Antibiotikum als Kombinationstherapie verabreicht. Die 30-Tage Gesamtmortalität der Patient:innen betrug 27,6%. Neutropenie; Anzahl und Schwere der Vorerkrankungen, septischer Schock und Infektionen ausgehend vom Abdomen, Lungen oder ZNS waren Mortalitätsprediktoren.

Eine Therapie mit neuen Cephalosporinen (Ceftolozan/Tazobactam; Ceftazidime/Avibactam; Cefiderocol ) war der Therapie mit PIP/TAZ, Carbapenemen, Colistin in Bezug auf die 30 Tage Mortalität signifikant überlegen (Mortalitätsrisiko: -17%; 95% CI: -4% bis -30%). Eine Kombinationstherapie war im septischen Schock überlegen (Mortalitätsrisiko: -66%; 95% CI: -44% bis -88%)   

FAZIT für die Praxis: Neue Cephalosporine mit Wirksamkeit gegen Pseudomonaden sind bei der Therapie von Pseudomonas-BSI gegenüber Penicillinen, Carbapenemen und Colistin überlegen. Bei Patient:innen im septischen Schock sollte eine Kombinationstherapie überlegt werden.

Literatur:

Antipseudomonal cephalosporins versus piperacillin/tazobactam oder Carbapeneme for the definitive antibiotic treatment of pseudomonas aeruginosa bacteraemia: new kids on the ICU block? Bavaro DF, et al. J Antimicrob Chemother 2025; doi: 10.1093/jac/dkaf080

DER EINFLUSS VON BAUCHLAGE BEI WACHEN COVID-19 PATIENT:INNEN AUF DEN ERKRANKUNGSVERLAUF

Eine neue Metaanalyse von 14 prospektiven, randomisierten Studien vergleicht das Outcome von wachen COVID-19 Patient:innen die regelmäßig Bauch-gelagert wurden gegen Patient:innen ohne festgesetzte Bauchlagerungszeiten. Insgesamt waren 3019 erwachsene Patient:innen in den Studien inkludiert (1542 Patient:innen in der Bauchlagerungsgruppe; 1477 in der Kontrollgruppe). Das mittlere Alter der Patient:innen lag bei 60 Jahren 

Die Ergebnisse zeigen:

  • Regelmäßige Bauchlagerung vermindert signifikant das Sterberisiko von wachen nicht-intubierten Patient:innen mit COVID-19 Pneumonie
  • Regelmäßige Bauchlagerung vermindert das Intubationsrisiko von 28% auf 22% und die Hospitalsmortalität von 17% auf 14%
  • Faktoren, die signifikant mit einem besseren Überleben bei Bauchlagerung assoziiert waren, sind: ein Quotient von Pulsoxymetrisch gemessener Sättigung zu FIOzwischen 155 und 232 (moderate Hypoxämie); Alter < 68; Body Mass Index zwischen 26 und 30 kg/m2 und ein Beginn der Lagerungstherapie innerhalb der ersten 24h nach Krankenhausaufnahme
  • Bauchlagerung für zirka 10 Stunden pro Tag, in den ersten 3 Tagen nach Krankenhausaufnahme, erbrachte die besten Ergebnisse  

FAZIT für die Praxis: Bauchlagerung wirkt!! Aber diese Therapieform benötigt kooperative Patient:innen. Während der COVID-19 Pandemie hatten wir auf der Intensivstation leider nur wenige Patient:innen, die tatsächlich für längere Zeit eine Bauchlage wach und unintubiert toleriert haben. Viele Patient:innen waren entweder delirant oder adipös – beides hat eine längere Lagerungstherapie unmöglich gemacht. Sedierung ist hier leider auch keine Lösung, da Sedativa meist den Zwerchfelltonus und den Atemantrieb herabsetzten und Atelektasenbildung begünstigen. Ich denke den besten Erfolg mit Lagerungstherapie konnte man bei kooperativen Menschen mit mäßiger Gasaustauschstörung auf den Normalstationen erzielen. Zum Schluss bleibt aber noch die wichtige Frage offen, wann der richtige Zeitpunkt zur Intubation und mechanischen Beatmung gekommen ist. Aus meiner Sicht war die rechtzeitige Indikationsstellung zur Intubation und Beatmungstherapie die schwierigste Entscheidung in der Behandlung der COVID-19 Pneumonie.

Literatur:

Awake prone positioning in adults with COVID-19: an individual participant data meta-analysis. Luo J et al. JAMA Intern Med 2025; doi: 10.1001/jamainternmed.2025.0011

MANAGEMENT DER AKUTEN CHOLECYSTITIS BEIM ÄLTEREN POLYMORBIDEN PATIENT:INNEN

Bei Patient:innen mit akuter Cholecystitis wird eine rasche laparoskopische Cholecystektomie empfohlen. Mit zunehmenden Alter und Vorhandensein gravierender Vorerkrankungen wird, aus Angst vor chirurgischen und anästhesiologischen Komplikationen, oft von einem operativen Vorgehen abgesehen und die Erkrankung mittels perkutaner Gallenblasendrainage und systemischer Antibiose behandelt.

In einer großen, retrospektiven Datenanalyse (32.000 multimorbide US Medicare Patient:innen; mittleres Alter 79 Jahre) wurde das Patient:innenoutcome zwischen chirurgischen und nicht-chirurgischer Therapie bei akuter Cholecystitis verglichen.

Ein operatives Vorgehen war dem konservativen (Gallenblasendrainage und Antibiotikatherapie) in allen Bereichen überlegen. Die 30-tage Mortalität war um 3% und die 90-Tage Mortalität um 4% geringer. Rehospitalisationen nach 30 und 90 Tagen waren um 12% und 18% verringert und die medizinischen Kosten bis 180 Tage nach Erstaufnahme im Krankenhaus waren nach einem operativen Vorgehen signifikant geringer.

FAZIT für die Praxis: Die Ergebnisse zeigen klar, dass eine laparoskopische, frühe Cholecystektomie für alle Patient:innen mit akuter Cholecystitis durchgeführt werden sollte! Auch aus meiner Erfahrung gibt es kaum Menschen, die aufgrund des Alters und von Vorerkrankungen eine vorsichtig gesteuerte Anästhesie und die Operation, durchgeführt von einem erfahrenen, schnellen Chirurgen, nicht tolerieren. Das betrifft selbstverständlich auch den postoperativen Verlauf. Ganz selten gibt es Patient:innen, die aufgrund von unnötigen Abwarten zu Hause, im fulminanten septischen Schock mit Organversagen, in die Notaufnahme kommen. Hier stellt sich eher die Frage, welche Ziele eine kausale Therapie noch erfolgreich verfolgen kann und ob nicht eine palliative Sterbebegleitung die beste medizinische Therapie ist, die man diesen Patient:innen anbieten kann. 

 Literatur:

Operative vs nonoperative treatment of acute cholecystitis in older adults with multimorbidity. Acker RC et al. JAMA Surgery 2025; doi: 10.1001/jamasurg.2025.0729

DER ZUSAMMENHANG ZWISCHEN DIABETES MELLITUS UND ANÄMIE

Diabetes mellitus (DM)ist mit einer erhöhten Inzidenz von Anämien vergesellschaftet. Diese Anämien können mikro-, makro- oder normocytär sein! Um die Ursachen und Risikofaktoren dieser Formen der Blutarmut näher zu beleuchten haben Forscher zwei große amerikanische und britische Gesundheitsdatenbanken analysiert. Patient:innen mit DM waren 40-69 Jahre alt. Für die Analyse wurden das US National Health and Nutrition Examination Surveys 1999-2020 und die UK Biobank 2006-2010 herangezogen.

Die Ergebnisse:

  • Menschen mit Diabetes mellitus sind drei Mal häufiger anämisch als ohne DM (9% vs. 3%). Bei Männern wurde für die Anämiedefinition ein Grenzwert von 13g% bei Frauen von 12g% Hämoglobin herangezogen
  • Patient:innen mit DM entwickeln signifikant häufiger eine Eisenmangelanämie (HR=3), Anämie bei chronischer Erkrankung (HR=3) oder Vitamin B12 Mangelanämie (HR=5)
  • Das Anämierisiko steigt kontinuierlich vom Prädiabetes (HR ~ 1,27), nicht diagnostizierten, subklinischen DM (HR~1,8) zum diagnostizierten DM (HR~2,6) an
  • Inflammation, gemessen als chronisch erhöhtes CRP, verminderte Nierenfunktion und bestimmte Medikamente waren mit Anämierisiko assoziiert. Aber auch bei Fehlen dieser Risikofaktoren blieb das Anämierisiko für Diabetiker erhöht

FAZIT für die Praxis: Vor allem in der anästhesiologischen Ambulanz, in der Prämedikationsvisite, ist die Anämieabklärung vor großen Eingriffen besonders wichtig. Im Jahr 2015 wurde eine große Metaanalyse über die Effekte von Anämie auf die 30 Tage Mortalität und Morbidität im Britisch Journal of Surgery publiziert (Fowler AJ et al. BJS 2015; 102: 1314-1324). Von 949.445 Patient:innen zeigten immerhin 39% (371.594) eine präoperative Anämie. Eine präoperative Anämie war mit einer signifikant erhöhten 30 Tage Mortalität (OR: 2,9), einem erhöhten Risiko für ein postoperatives akutes Nierenversagen (OR: 3,75), häufigeren Infektionskomplikationen (OR: 1,93) und häufigeren Erytrozytentransfusionen (OR: 5,04) assoziiert. Menschen mit Anämie entwickelten häufiger Schlaganfälle (OR: 1,28) nach herzchirurgischen Eingriffen. Deshalb ist ein präoperatives Anämiemanagement für das Patient:innen Outcome von großer Bedeutung!

Literatur: 

Association between Diabetes and anemia: Evidence from NHANES and the UK Biobank. Wang D et al. Diabetes Care 2025; doi: 10.2337/dc24-2535

UPDATE DER ESAIC GUIDELINE ZUR PREVENTION DES POSTOPERATIVEN DELIRS BEIM ERWACHSENEN

Das postoperative Delir (POD) ist, bei einem zunehmend älter und vorerkrankter werdenden chirurgischen Patientengut, eine Hauptdeterminente postoperativer Komplikationen und Mortalität. Wie öfter bereits berichtet ist POD auch ein „Beschleunigungsfaktor“ für die zukünftige Entwicklung einer manifesten Demenz besonders bei Patient:innen mit subklinischen, neurodegenerativen Erkrankungen. Sowohl Anästhesie- als auch Chirurgie assoziierte Faktoren, wie z.B. zu tiefe Hypnoseführung, Einsatz von Benzodiazepinen, großes Gewebetrauma etc. begünstigen die Delirentstehung. Einige dieser Faktoren sind durch entsprechende  

Prophylaxe modifizierbar. Die vorliegenden Guideline handelt von der Risikoerkennung und möglichen Prophylaxe des POD.

Folgende Patient:innen sollten präoperativ mit exakteren neurokognitiven Tests auf das Vorliegen neurodegenerativen Erkrankung evaluiert werden (moderate Evidenz aber starker Empfehlungsgrad):

  • Alte, gebrechliche Patient:innen
  • ASA > 2
  • Charlson Comorbidity Index > 2
  • Mini Mental Score < 25
  • Präoperative Anämie
  • Auch die Evaluierung eventuell POD fördernder Medikamente, des Ernährungs- und Hydratationsstatus und sozialer Faktoren (z.B. allein Leben; soziale Verwahrlosung) ist für die Einschätzung des POD-Risikos wichtig.

Viele der Risikofaktoren sind bereits in der Anästhesieambulanz erkennbar aber es können unmöglich alle in Frage kommenden Patient:innen weiter neurologisch abgeklärt werden! Dazu fehlen in den meisten Krankenhäuser die Ressourcen (eigene Meinung). Leider gibt es derzeit auch keinen geeigneten Biomarker um das POD Risiko präoperativ zu bestimmen.

Bezüglich präventiver Medikation zur Vermeidung von POD schreiben die Expert:innen der Guideline, dass derzeit kein Medikament geeignet ist prophylaktisch die Entstehung eines POD zu verhindern oder zumindest abzuschwächen (schwacher Empfehlungsgrad)!  

Bezüglich der Verwendung von Dexmedetomidin finden sich in der Literatur Hinweise, dass verglichen mit anderen Substanzen, die POD Inzidenz möglicherweise geringer ist. Allerdings sind die Studienergebnisse derart heterogen, dass die Expert:innengruppe empfiehlt einen möglichen peri- und postoperativen Einsatz genauestens gegen das zu erwartende Nebenwirkungsprofil (bsd. Bradykardie und Hypotension) abzuwägen (starker Empfehlungsgrad)!

Bezüglich der Anästhesieart zur Verminderung des POD Risikos sind die Expert:innen der Meinung, dass keine spezielle Anästhesieart, Allgemeinnarkose als Gasnarkose oder TIVA, Regionalverfahren versus Allgemeinanästhesie oder Kombinationsverfahren derzeit zur POD Prophylaxe empfohlen werden kann (schwacher Empfehlungsgrad)!

Zur präoperativen POD Prophylaxe gehören die Korrektur modifizierbarer Faktoren wie z.B. Hydratation, Anämie und Ernährungsdefizite (schwache Evidenz; starker Empfehlungsgrad)! 

Intraoperativ sollte eine zu tiefe Hypnoseführung möglichst vermieden werden. Die Expert:innen empfehlen daher den Einsatz von prozessierten EEG-Verfahren zur Vermeidung von Burst Suppression (schwache Evidenz; schwacher Empfehlungsgrad)!

Um ein POD zu vermeiden sollte nach dem chirurgischen Eingriff auf folgende Faktoren geachtet werden (Hier geben die Expert:innen keine Bewertungen ab):

  • Alle Fachdisziplinen die in die Patient:innenbehandlung involviert sind sollten über das POD Risiko und geplante Risikoreduktionsstrategien eingeweiht sein
  • Schmerzen so gering wie möglich halten! Dazu gehört der routinemäßige und regelmäßige Einsatz von Schmerzskalen zur Schmerzmessung auf allen Abteilungen
  • Auf einen geregelten Tag-Nachtrythmus achten. Keine unnötige Schlafunterbrechung in den Nachtstunden
  • Angst bekämpfen (Gespräche; psychologische Betreuung; in ausgeprägten Fällen Verwendung kurz wirksamer Benzodiazepine)
  • Vegetative Symptome vor allem Tachykardie, Blutdruckentgleisungen behandeln (ß-Blocker; zentrale alpha-2 Agonisten). Der Einsatz von zentralen alpha-2 Agonisten sollte auf einer Überwachungseinheit durchgeführt werden

Wenn ein POD aufgetreten ist und nicht durch nicht pharmakologische Maßnahmen beherrschbar ist empfehlen die Expert:innen:

  • Kurzfristiger Einsatz von Haloperidol (Alternativen Risperidon; Olanzepin; Quetiapine; sehr geringe Evidenz; schwacher Empfehlungsgrad
  • Keine Benzodiazepine für die Behandlung des POD (mögliche Ausnahme ist ein Alkoholentzugsdelir; sehr geringe Evidenz; schwacher Empfehlungsgrad)
  • Dexmedetomidin sollte bei POD nach Herzchirurgie eingesetzt werden (sehr geringe Evidenz; schwacher Empfehlungsgrad)

FAZIT für die Praxis: Der Inhalt dieser Guideline ist leider sehr ernüchternd und lässt sich in einem Satz zusammenfassen: „Nichts genaues weiß man nicht!“  Besonders die Behandlung des Delirs auf der Intensivstation erfordert eine hohe Flexibilität und die Bereitschaft gelegentlich auch mehrere Medikamente zu kombinieren. Bei schwerem Delir setzten wir gerne Haloperidol oder Dexmedetomidin manchmal auch in Kombination ein. Bei milden POD kann die abendliche Gabe von Quetiapin (Seroquel®) hilfreich sein. In Ausnahmefällen, z.B. hyperreaktiven POD mit Selbst- und Fremdgefährdung durch Patient:innen wird Propofol in sedierenden Dosen und ganz selten kurzfristig ein Benzodiazepin zum Einsatz kommen.

Literatur:

Update of the European Society of Anaesthesiology and Intensive Care Medicine evidence-based and consensus-based guideline on postoperative delirium in adult patients. Aldecoa C, et al. EJA 2024; 41: 81-108

GEBRECHLICHKEIT NACH SIGNIFIKANTEN EXTRAKRANIALEN BLUTUNGSEREIGNISSEN 

Viele ältere Menschen werden mit Antiplättchentherapie behandelt. Hauptkomplikation dieser Therapie ist die Blutung. Zum Beispiel hat die Hospitalisation wegen gastrointestinalen Blutungsereignissen in den Jahren 2006-2019 stark zugenommen und korreliert mit der Zunahme der Verschreibung von Aspirin und anderen Plättchenhemmern. Derzeit existieren wenige Daten zur Frage, welche Auswirkungen ein signifikantes Blutungsereignis auf das weitere Leben von Menschen hat.

Die vorliegende Studie ist eine Sekundäranalyse der Daten der ASPREE Studie. In der ASPREE Studie wurde der Einfluss einer low-dose Aspirintherapie bei älteren, weitgehend gesunden Menschen im Vergleich mit Placebo auf kardiovaskuläre Erkrankungen und das Auftreten von Gebrechlichkeit untersucht. Thrombo-ASS hatte keinerlei Auswirkungen auf die Zielparameter aber erhöhte signifikant das Blutungsrisiko. Ein signifikantes Blutungsereignis wurde definiert als Blutung, die zur Hospitalisierung für mindestens 24 Stunden, zur Transfusion von Erythrozytenkonzentraten, zur notfallschirurgischen Eingriffen oder zum tod der Patient:innen führt.  

Die ASPREE Studie inkludierte Patient:innen > 70 Jahre  ohne bekannte kardiovaskuläre Erkrankungen, Demenz oder anderen schweren Erkrankungen mit einer zu erwartenden Lebensdauer > 5 Jahren. Ausgeschlossen waren auch Menschen unter vorbestehender Antikoagulantien oder Plättchentherapie und Anämie, bzw. Patient:innen mit Blutungsanamnese (Tumor, Genetik, Leberzirrhose..).

In der sekundären Datenanalyse war der primäre Outcomeparameter jede Verschlechterung im „Activity of daily living score (ADL)“. Im ADL werden folgende physischen Fähigkeiten bewertet: Selbstständiges Gehen von einem Raum zum Anderen; selbstständiges Baden oder Duschen; Anziehen; Toilette und Essen/Trinken. Jede Verschlechterung des ADL oder gar ein Transfer in eine Pflegeeinrichtung wurden, ab einem Jahr bis zum 5. Jahr nach Randomisierung der Gruppen, erfasst. Insgesamt kam es bei 18.435 Patient:innen zu 547 klinisch signifikanten, extrakraniellen Blutungsereignissen. 

Patient:innen  mit signifikanten Blutungen hatten eine 20,3% höhere Wahrscheinlichkeit innerhalb von 5 Jahren ADL Abhängigkeiten zu entwickeln (95% CI: 14,2%-26%). Das Risiko für gastrointestinale und nicht gastrointestinale Blutungsereignisse war, nach statistischer Ausschaltung von Störfaktoren, gleich hoch. Bezüglich der Folgen einer Blutung auf die ADL Veränderung in den darauf folgenden Jahren war kein Unterschied durch die Blutungsquelle oder durch die Zugehörigkeit der Studiengruppen (TASS oder Placebo) zu finden. 

FAZIT für die Praxis: Die Studie zeigt, dass bei selbst relativ gesunden älteren Personen ein einmaliges signifikantes Blutungsereignis signifikante Auswirkungen auf die körperliche Leistungsfähigkeit im täglichen Leben habe kann. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich der ADL, als Score der physischen Unabhängigkeit, nach einem Blutungsereignis über die nächsten 5 Jahre signifikant verschlechtert ist 2x so hoch als ohne Blutungsereignis! Dieses Ergebnis ist relativ neu. Die Frage, die sich in der klinischen Praxis erhebt ist, was man dagegen tun kann? Möglicherweise sollten wir uns besonders auf die Rehabilitation dieser Patient:innen in den Wochen nach dem Blutungsereignis konzentrieren. Ein intensives Physiotherapie und Bewegungs/Mobilisierungsprogramm könnte hier hilfreich sein. 

Literatur:

Functional disability after clinically significant extracranial bleeding: a secunadry analysis of the Aspirin in reducing events in the elderly (ASPREE) trial. Li D.K, et al. J Thromb Haemost 2025; 23: 1507-1515