ÖGARI zum Internationalen Tag der Patientensicherheit am 17. September

Aus Anlass des Internationalen Tages der Patientensicherheit am 17. September macht die Österreichische Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI), wie zahlreiche andere Organisationen, auf die vielfältigen Dimensionen des Themas aufmerksam. Die Anästhesiologie hat in Sachen Patientensicherheit eine besondere Erfolgsgeschichte vorzuweisen. Die Digitalisierung bietet neue Chancen, diese weiter auszubauen, sagt der Präsident elect der ÖGARI Univ.-Prof. Dr. Klaus Markstaller.  

Bereits zum siebenten Mal rufen die Österreichische Plattform für Patientensicherheit und zahlreiche andere Organisationen am 17. September zum Internationalen Tag der Patientensicherheit auf. Eine Awareness-Initiative, die auch die Österreichische Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI) unterstützt, wie deren Präsident elect Univ.-Prof. Dr. Klaus Markstaller (Vorstand der Universitätsklinik für Anästhesie, Allgemeine Intensivmedizin und Schmerztherapie der Medizinischen Universität Wien / AKH Wien) betont. „Die Anästhesiologie ist ein Fach, das durch seine Vielfalt an vielen Punkten entlang des Betreuungsverlaufs zur Patientensicherheit beitragen kann. Patienten haben oft den ersten Kontakt mit einem Anästhesisten im präklinischen Bereich, etwa bei einem Rettungseinsatz, dann wieder in der Notfallfallaufnahme oder im Schockraum und bei der nachfolgenden Operation. Bei einer Aufnahme auf die Intensivstation sind es wieder Anästhesisten, die versorgen, und häufig bieten sie auch palliative Betreuung am Lebensende.“

Schlüsselrolle bei der Senkung der Spitalssterblichkeit

Wie die Anästhesie in den vergangenen Jahren zu einer laufenden Optimierung der Patientensicherheit beitragen konnte, ist eine beachtliche Erfolgsgeschichte. Noch in den 1960er-Jahren lag die anästhesieassoziierte Mortalität mit 80 von 100.000 sehr hoch, in den 1970er- und frühen 1980er-Jahren gingen die Todesfälle auf 10 bis 30 von 100.000 Fällen dramatisch zurück. Seit Ende der 1980er-Jahre und der Einführung weiterer Sicherheitsstandards und einer verbesserten Ausbildung schließlich beträgt sie nur noch 0,4 von 100.000.

„Die Anästhesiologie hat eine Schlüsselrolle bei der Senkung der Spitalssterblichkeit und bei der kontinuierlichen Weiterentwicklung der Patientensicherheit gespielt“, so Prof. Markstaller. „Angesichts der in immer größerem Tempo erreichten Fortschritte der Medizin, die auch neue Risiken und Fehlerquellen mit sich bringen, ist es eine große Herausforderung, diese Errungenschaften abzusichern und weiter auszubauen. Wir müssen sicherstellen, dass die zunehmende Komplexität der Medizin ihre Fortschritte nicht wieder relativiert.“

Schwerpunktthema Digitalisierung

In diesem Jahr widmet sich der Tag der Patientensicherheit dem Themenschwerpunkt Digitalisierung. „Tatsächlich haben digitale Technologien und die Vernetzung digitaler Daten ein großes Potenzial, die Patientensicherheit weiter zu verbessern, auch oder gerade in der Anästhesiologie“, so Prof. Markstaller.

Ein Beispiel sind „decision support systems“, also auf großen Datenmengen basierende Algorithmen, die Entscheidungsprozesse unterstützen können. „Das große Potenzial solcher Systeme, die etwa in der Finanzwelt oder im Cockpit eines Flugzeuges selbstverständlich sind, wird in der Medizin noch längst nicht ausreichend ausgeschöpft“, so Prof. Markstaller. „Diese Möglichkeiten sollten wir deutlich ausbauen.“

Datengestützt besser und rascher entscheiden

Großes Potenzial sieht Prof. Markstaller für die Anästhesiologie hier schon deshalb, weil in im Rahmen der Narkose, der Intensiv- oder der Notfallmedizin oft unter hohem Zeitdruck Entscheidungen von großer Tragweite getroffen werden müssen. Datenvernetzung könnte hier zum Beispiel im Verlauf der Narkose Unterstützung bieten, so Prof. Markstaller: „Wenn wir sämtliche Informationen über den Krankheitsverlauf und den Verlauf der Operation mit den Vitaldaten eines Patienten vernetzen, dann könnten auf diesem Weg Trends aufbereitet, mögliche riskante Konstellationen erkannt und wahrscheinliche Komplikationen vorausgesagt werden. Auf Basis derart übersichtlich aufbereiteter, rasch zur Verfügung gestellter Fakten hat die Anästhesistin oder der Anästhesist eine optimale Entscheidungsbasis.“ Klar sei aber, dass aus der Datenanalyse immer nur Vorschläge entwickelt werden dürfen – die Entscheidung muss letztlich immer der Mensch, treffen, es darf kein datenbasierter Automatismus einsetzen.

Ein anderes wichtiges Anwendungsgebiet, so Prof. Markstaller, könnte das Arzneimittel-Management auf der Intensivstation sein. „Bei Intensivpatienten werden wegen ihrer kritischen Erkrankung oftmals viele und potente Medikamente eingesetzt. Das birgt das Potenzial einer kaum unüberschaubaren Zahl möglicher Interaktionen. Ein datengestütztes Alarmsystem, das auf gefährliche Wechselwirkungen aufmerksam macht, könnte hier viel zur Sicherheit beitragen.“

Durch die weitgehend digitalisierte Dokumentation oder die gerätegestützte Patientenüberwachung stünden in den Spitälern grundsätzlich große Datenmengen zur Verfügung, die in solche datenbasierten Systeme zur Unterstützung von Entscheidungen einfließen könnten, wenn sie genützt würden.

Telemedizin für den Know-how-Austausch

Ein wichtiges Anwendungsgebiet, das die Patientensicherheit ebenso wie die Diagnose- und Behandlungsqualität erhöhen könnte, wäre auch der verstärkte Einsatz telemedizinischer Optionen. „Die telemetrische Übertragung von Daten ermöglicht es etwa, die Expertise spezialisierter Zentren zu nutzen, ohne dass die Patientin oder der Patient transferiert werden müssen. Das könnte gerade in der Intensivmedizin noch viel besser genutzt werden, und liegt zweifellos im Interesse der Sicherheit und des effizienten Umgangs mit begrenzten Ressourcen,“ so Prof. Markstaller.