Eine Taskforce der International Association for the Study of Pain (IASP) hat eine Klassifikation des chronischen Schmerzes in chronisch primären oder chronisch sekundären Schmerz vorgeschlagen: primär, wenn der chronische Schmerz die Hauptsymptomatik darstellt (also im Rahmen chronischer Schmerzsyndrome); sekundär, wenn der chronische Schmerz als Folge einer chronischen Störung (z.B. chronisch neuropathischer Schmerz) auftritt. Diese aktualisierte Klassifikation ist in der  International Classification of Diseases, 11th Revision (ICD-11)  enthalten und wurde in „Pain“ publiziert.

Die Experten des Panels formulierten Definitionen und Charakteristika für die Schmerzdiagnose, einschließlich der genauen Angaben zu Schweregrad, zeitlichem Verlauf und dem Vorhandensein psychologischer oder sozialer Determinanten von Schmerz. Vor der vorliegenden Publikation wurden diese Updates am World Congress on Pain 2016 und  auf dem European Pain Congress 2017 präsentiert. Während dieser Tagungen waren die Kongressteilnehmer eingeladen, diese Klassifikationen über eine Plattform der WHO sowie über die IASP-Homepage zu kommentieren. Eine frühe Pilotversion der Klassifizierung wurde vorab in vier Ländern getestet.

Chronischer Schmerz wurde definiert als „Schmerzen, die über die normale Heilungszeit hinaus bestehen und wo die akute Warnfunktion der physiologischen Nozizeption fehlt“.

Die folgenden acht Syndrome wurden klassifiziert:

  1. Chronische primäre Schmerzsyndrome wurden definiert als Schmerzen in ? 1 anatomischer Region, die entweder persistieren oder für > 3 Monate wiederkehren und funktionelle Behinderung oder emotionalen Stress verursachen. Chronische primäre Schmerzsyndrome wurden auch definiert als Schmerz, dem keine andere chronische Schmerzstörung zugeordnet werden kann.
  2. Bei chronischen sekundären Schmerzsyndromen ist eine Krankheit die zugrunde liegende Ursache für chronische Schmerzen, die als Symptom dieser Erkrankung angesehen werden.
  3. Chronische krebsbedingte Schmerzen umfassen Schmerzen, die durch einen Primärtumor, Metastasen oder Krebsbehandlungen, einschließlich Chemotherapie, Operation und Strahlentherapie, verursacht werden.
  4. Chronisch postoperativer oder posttraumatischer Schmerz umfasst Schmerzen nach einer Operation oder einem Trauma und ist oft neuropathischer Natur.
  5. Chronischer neuropathischer Schmerz ist auf eine Erkrankung oder Läsion des somatosensorischen Nervensystems zurückzuführen.
  6. Chronische Kopfschmerzen oder orofaziale Schmerzen sind definiert als Kopfschmerzen oder orofaziale Schmerzen, die für > 2 Stunden pro Tag an ?50% der Tage für ?3 Monate auftreten.
  7. Chronischer sekundärer viszeraler Schmerz bezeichnet wiederkehrenden oder persistierenden Schmerz, der aus den inneren Organen des Halses und/oder Kopfes sowie aus den Hohlräumen des Brustkorbs, des Bauchraums und des Beckens stammt.
  8. Chronischer sekundärer Muskel-Skelett-Schmerz wird durch wiederkehrende oder anhaltende Schmerzen definiert, die in Verbindung mit einer Erkrankung der Knochen, Muskeln, Gelenke oder Weichteile auftreten.

Die Conclusio der Autoren  um Rolf-Detlef Treede, Winfried Rief und Antonia Barke: „Wir erwarten uns, dass diese simpel zu benutzende Klassifikation auch den Zugang zu einer multimodalen Therapie für alle Patienten mit chronischem Schmerz verbessert. Des Weiteren können epidemiologische Untersuchungen und gesundheitspolitische Entscheidungen hinsichtlich chronischem Schmerz erleichtert werden, inklusive einer adäquaten Finanzierung von Behandlungen.“

Literatur:

Treede RD, Rief W, Barke A, et al. Chronic pain as a symptom or a disease: the IASP Classification of Chronic Pain for the International Classification of Diseases (ICD-11). Pain. 2019;160(1):19-27.